Zwischen Wind, Murmeltieren und Gletscherblick – meine Rundwanderung am Furkapass
- Corinna
- 26. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Okt.
Der Furkapass ist eine der spektakulärsten Alpenstraßen der Schweiz – und nicht nur ein beliebter Fotospot für Reisende, sondern auch Ausgangspunkt für Wanderungen in eine Welt aus Fels, Eis und Geschichte. Schon lange hatte ich geplant, den Rhonegletscher und seine Umgebung zu erwandern. Eigentlich zusammen mit meiner Schwester, aber das eine Mal, als wir auf dem Weg dahin waren, landeten wir aus 'Versehen' im Tessin (https://www.scheissaufsalter.com/post/von-lugano-nach-gandria) und dieses mal war sie anderweitig unterwegs. Dass mich jetzt bei dieser Wanderung nicht Sonnenschein, sondern Regen, Wind und Wolken erwarteten, machte die Tour am Ende nur noch unvergesslicher.

Letzten Sonntag war also definitiv kein Tag, an dem ich Sonnenschutz einpacken musste. Schon auf der Fahrt zum Furkapass hingen dunkle Wolken über den Bergen und bald prasselte der Regen gegen die Autoscheiben. Oben angekommen: grauer Himmel, Pfützen auf den Strassen und ein fast leerer Parkplatz. Nur ein Imbissstand stand tapfer in der Mitte, geöffnet, aber ohne Kundschaft – ein Hauch von Einsamkeit umwehte nicht nur ihn, sondern mich gleich mit.

Doch statt mich wieder ins Auto zu setzen, packte ich den Rucksack. Und eine Jacke...erstaunlich aber wahr, aber selbst ich empfand es als etwas kühl dort oben. Der Wegweiser zum Rhonegletscher war schnell gefunden und der Regen 'gab Gutzi' wie wir in der Schweiz sagen: Windböen peitschten mir den Nieselregen ins Gesicht, dass es schon weh tat. Für einen kurzen Moment fragte ich mich ernsthaft, warum ich nicht einfach zu Hause auf der Couch unter einer Decke lag, Serie an und gemütlich in der Wärme einen Kaffee schlürfte. Aber „jä nu“, ich war hier – und entschloss mich, die Wanderung durchzuziehen.



Kaum hatte ich die ersten Höhenmeter geschafft, ließ der Regen nach. Die Böen blieben und schüttelten mich immer wieder mal kräftig durch, doch es ging weiter – eine Stunde fast eben dahin, Richtung Gletscher. Unter mir hörte ich leise den wenigen Verkehr auf der Passstraße, über mir nur Wind und Wolken. Menschen? Keine. Dafür das Pfeifen der Murmeltiere. Ich setzte mich, wartete – und tatsächlich: sie zeigten sich. Zunächst vorsichtig und schliesslich wuselten in angemessener Entfernung ein paar um mich herum. Leider zu weit weg, um ein gutes Foto von ihnen machen zu können, aber alleine das Beobachten der Murmelis war ein Erlebnis.

Dann endlich erreichte ich eine Krete. Hier öffnete sich der Blick – hinunter zum Rhonegletscher und dem namenlosen Gletschersee. Es war beeindruckend! Ich blieb eine Weile dort, ließ mich weiterhin von den Böen durchrütteln und folgte dann dem Pfad noch weiter, am Gletscher entlang. Der Weg endete irgendwann im Geröll, doch der Ausblick war jede Anstrengung wert.




Auf dem Rückweg entdeckte ich dann die Weggabelung, die mich nach unten zur Eisgrotte führen würde. Ohne zu wissen, wie der weitere Weg aussehen würde, bog ich ab und befand mich wieder einmal auf einem T3-Weg wieder: über Gesteinsblöcke, durch tiefe Furchen, an Abhängen entlang. Einmal musste ich mich sogar auf einen Felsen setzen und hinunterhüpfen, um weiterzukommen. Der Weg verlangte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit – und belohnte mit fantastischen Ausblicken auf den Gletscher und seinen milchig-grünen, namenlosen See.
Weit unter mir konnte ich winzige Menschen erkennen – das waren die Besucher der Eisgrotte, die bis an den Gletscherfuß laufen konnten. Eigentlich hatte ich ja geplant, ebenfalls die Eisgrotte zu besuchen, doch da das Wetter alles andere als gut aussah, entschied ich mich, den Weg nur noch bis zum Stein, welcher die Rhonequelle markiert, runterzukraxeln. Dann machte ich mich wieder auf den Rückweg.






Zurück auf dem Hauptweg entschied ich mich für eine andere Route – vorbei an einem alten Bunker. Die Galenhütte. Beton inmitten von Felsen und Wind. Ich stellte mir vor, wie hier einst Soldaten in der kargen Einsamkeit ausgeharrt hatten. Womit sie wohl ihre Zeit verbracht haben, wenn keine Bedrohung in Sicht war?




Von dort war es nicht mehr weit zurück zum Parkplatz. Rechtzeitig – denn der Himmel zog sich endgültig zu, und der Regen setzte wieder ein.




Ganz ehrlich? Das war keine Wanderung im Sonnenschein, im Gegenteil: von Regen über Wind, Wolken und dann doch mal Sonne war alles dabei. Und genau darum war die Wanderung auch speziell, nicht nur wegen der Aussicht. Alleine in der Natur unterwegs, dem Wetter ausgesetzt und dann noch Murmeltiere beobachten können: ich kanns nur empfehlen.

Und die Eisgrotte? Ja, die werde ich ein anderes mal besuchen, vermutlich aber nicht mehr dieses Jahr, denn vermutlich fällt bald der erste Schnee auf dem Furka und dann ist dort fertig mit wandern. Aber ich komme wieder. Und dann vielleicht auch mit meiner Schwester 😉.
Corinna
Die wichtigsten Infos auf einen Blick:
Wanderung am Furkapass
🏔 Ort: Furkapass (UR/VS, Schweiz)
📏 Höhe: ca. 2’429 m.ü.M.
⏱ Dauer: je nach Route 3-5 Stunden
🥾 Schwierigkeit: T2–T3 (Trittsicherheit und Schwindelfreiheit mitbringen!)
🌦 Wetter: von „gib Gutzi“ Regen bis Sonnenschein – alles dabei, Jacke nicht vergessen!
🐾 Tierische Begegnungen: Murmeltiere, die gerne pfeifen, aber ungern Fotos machen lassen.
❄️ Highlight:
Eisgrotte am Rhonegletscher – seit über 150 Jahren in Betrieb, aber nicht mehr ewig in dieser Form zu sehen.
Abgedeckt mit weißem Vlies, um die Schmelze am Zungenende zu verlangsamen.
Zugang: Souvenirshop beim Parkplatz Belvédère.
Spannend:
Gletscherstände der letzten Jahrzehnte sichtbar.
Polierter Granit glänzt im Sonnenlicht.
Eindrücklicher Unterschied zwischen abgedecktem und nicht abgedecktem Eis (mehrere Meter Höhenunterschied, besonders im Spätsommer).
In der Grotte: Schichtung & Eiskristalle als Resultat der Metamorphose von Schnee zu Kristallen.
Seit ca. 2007: neuer, 40 m tiefer Gletschersee.
Mehr Infos unter: https://gletscher.ch
☕️ Fun Fact: Selbst bei Wind und Regen gibt’s am Pass einen tapferen Imbissstand – fast so standhaft wie die Wanderer.
🪖 Historisches Extra:
Artilleriewerk Galenhütten (Bau ab 1890) – auffällige Festung aus hellem Aaregranit, mitten im Gneis, wirkt wie ein Fremdkörper in der Landschaft.
Bewaffnung: zwei 12 cm Kanonen & eine Panzerhaubitze (mit eher eingeschränktem Schussfeld).
Unterkunft für 80 Mann kam 1908 dazu.
Zweck: Verteidigung gegen Angreifer über Furka & Grimsel.
🚶♀️ Erreichbar: ca. 10 Minuten ab Furka-Passstrasse; plus 10 weitere Minuten bis zur Moräne des Rhonegletschers mit spektakulärem Blick auf Gletscher & Gletschersee.
📌 Merksatz: Am Furka gilt: Kein Tag ohne Überraschung – sei’s Wetter, Murmeli, ein Bunker im Fels oder glänzender Granit am Gletscher.



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